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Hoffnungsbrief Nr. 20

Eingang: 05.08.2020, Veröffentlicht: 05.08.2020

Hoffnungsbrief Nr. 20
Liebe Gemeinde,

bei einer meiner abendlichen Joggingrunden bin ich fast über eine Erdbeere gestolpert, die auf dem Radweg lag: rund, prall und leuchtend in rot und grün – einfach perfekt. Offensichtlich hatte jemand ein Körbchen Früchte vom nahegelegenen Feld auf dem Rad transportiert und diese eine vorwitzige Frucht ist herausgekugelt und auf dem Weg liegen geblieben.

Nun ist so eine Erdbeere auf einem Radweg nicht unbedingt bemerkenswert – aber trotzdem habe ich mich irgendwie darüber gefreut, wie sie so da lag, ganz unversehrt. Dieser überraschende Anblick hat mich dazu gebracht, einen Moment lang inne zu halten, den Fluss der Bewegungen zu unterbrechen, die Blickrichtung zu ändern und einfach zu staunen über dieses Wunderwerk der Schöpfung.

Sich über so kleine Dinge zu freuen und sie als bemerkenswert anzusehen, das ist etwas, was Kinder viel besser können als Erwachsene. Ich weiß noch wie das war, als meine älteste Nichte in dem Alter war, in dem man anfängt auf Spielplätze zu gehen. Ich hatte mit Johanna an der Hand einen extra schönen Spielplatz angesteuert und dachte, dass wir schaukeln werden, oder wippen, oder im Sandkasten spielen – aber Johanna entdeckte auf einem Holzbalken eine kleine Gruppe Ameisen, die emsig hin und her lief. Wir hockten bestimmt eine Stunde neben dem Balken und Johanna schaute und schaute. Mir war ehrlich gesagt schon nach den ersten paar Minuten langweilig, aber Johanna ließ sich einfach nicht überreden, mal die Schaukel oder die Rutsche zu testen – sie wollte Ameisen beobachten.

Irgendwie ist das schade, dass wir Erwachsenen es verlernt haben, uns an solchen scheinbar alltäglichen Dingen zu freuen. Wir verpassen die ganzen kleinen Wunder, während wir auf das eine große Wunder warten – und verlieren den Blick für die schönen Seiten im Leben, weil wir uns so sehr auf das konzentrieren, was nicht schön ist. Ich erlebe immer wieder, dass es den meisten Menschen leichter fällt zu sagen, worüber sie sich ärgern und was alles schief läuft auf der Welt, als das zu benennen, was ihnen an Schönem begegnet. Aber Worte schaffen Wirklichkeit. Mit allen negativen Wörtern, die ich sage und denke im Laufe eines Tages, füttere ich die Unzufriedenheit in mir, mit allen positiven Wörtern füttere ich die Zuversicht.

Deshalb ist es gut, ab und zu mal die Perspektive zu wechseln – und sei es, weil eine Erdbeere auf dem Radweg den Alltagstrott unterbricht. Ich möchte nicht nur auf die Gräber schauen, in denen meine Träume begraben sind, sondern auch hinauf in den Himmel. Ich möchte nicht nur auf die Menschen schauen, die anderen Böses angetan haben, sondern auch auf die, die jeden Tag ihr Bestes geben, damit es anderen gut geht. Ich möchte keine Angst davor haben, dass Dinge sich verändern, sondern ich möchte die Chancen sehen, das Entwicklungspotential, die Kraft, die durch jede Veränderung freigesetzt wird. Ich möchte meine Zuversicht füttern.

Der 46. Psalm sagt: Gott ist unsere Zuversicht und Stärke.
Ich bin sehr dankbar, dass ich diese Kraft in mir spüren kann und dass sie immer wieder Futter bekommt, oft auch ohne mein Zutun. Denn Gott schickt mir Menschen, die mir den Rücken stärken. Er lässt mich magische Momente erleben, die mir zeigen, wie wunderbar das Leben ist. Ich muss nur hinschauen. Loslassen, was mich in trüben Gedanken festhält. Mein Herz öffnen für die Schönheit und die Wunder des Lebens.

Herzlichst, Ihre Zwischenzeit – Pastorin
Anne-Christin Ladwig
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