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Hoffnungsbrief Nr. 33

Eingang: 03.11.2020, Veröffentlicht: 05.11.2020

Hoffnungsbrief Nr. 33
Liebe Gemeinde!

“Selig sind die Friedfertigen...” diese Worte wehen in mein Leben, aus weiter Ferne. Ich sehe ihn vor mir, den Rabbi. Jesus. Menschenfreund und Gottessohn. Am Fuß des Berges sitzend. Um ihn seine Freunde. Und vielleicht auch manche, die ihm nicht so wohlgesonnen waren. Deren Gedanken alles andere als “friedfertig” sind. Eher kriegsbereit. Oder was auch immer der Gegensatz von “friedfertig” ist. Friedfertig - dieses Wort ist so groß - zu groß für mich. Fried - fertig. Fertig für den Frieden. Innerlich bereit dazu. Ich weiß nicht, wie ich das sein kann, in dieser Welt, in der die Kriegsbereiten immer lauter werden.

“Selig sind die Friedfertigen...” vielleicht haben auch diese Worte dazu beigetragen, aus Martin von Tours, Soldatensohn und Soldat, einen neuen Menschen zu machen. Haben sein Herz, das abgestumpft war vom Kämpfen und Töten, wieder weich gemacht. Berührbar. In der “Vita Sancti Martini”, seiner Lebensgeschichte, sind seine Worte an den Kaiser überliefert, mit denen er seinen Dienst als Soldat quittierte: “Bis heute habe ich dir gedient, Herr, jetzt will ich meinem Gott dienen und den Schwachen. Ich will nicht mehr länger kämpfen und töten. Hiermit gebe ich dir mein Schwert zurück. Wenn du meinst, ich sei ein Feigling, so will ich morgen ohne Waffen auf den Feind zugehen.

“Selig sind die Friedfertigen...” Martin ist bereit, seinem Feind ohne Waffen entgegenzutreten. Er legt sein Schwert nieder. Entwaffnet ist er durch die Begegnung mit Christus, der ihm erst im Bettler und dann im Traum erscheint. Nachfolge ist eben nichts für Feiglinge. Aber bevor Martin sein Schwert niederlegt, bürstet er es noch gegen den Strich, und die Waffe, die zum Töten geschaffen wurde, teilt den Mantel und rettet Leben.

Selig sind die Friedfertigen - die, die für Gottes Schalom bereit sind, für seinen umfassenden Frieden, der die Welt umspannen soll und für den ich viel mehr Waffen ablegen muss als nur die offensichtliche: das Schwert in der Hand. Schalom-das meint, dass jeder das hat, was er zum Leben braucht: Nahrung. Kleidung. Ein Zuhause. Liebevolle Beziehungen. Aber ich fürchte, dass wir Menschen noch nicht für Gottes Schalom bereit sind. Denn das würde bedeuten, den anderen das zu gönnen, was ich selbst habe. Wir glauben immer noch, dass wir uns das, was wir haben, verdient haben. Erarbeitet, aus eigener Kraft. Und natürlich arbeiten viele Menschen sehr hart, und manche werden gut dafür bezahlt und manche viel zu schlecht - aber global gesehen muss man sagen: wir alle leben im Überfluss - und sind uns dessen oft nicht bewusst. Wenn jedem Menschen auf der reichen Welthalbkugel ein Mensch auf der armen Welthalbkugel zugeteilt würde und dann wird geteilt, was da ist, so das am Ende beide gleich viel haben - das wäre doch gerecht, oder nicht? Der Glaube an die Gnade der geographisch günstigen Geburt kann doch nicht Maßstab meines Denkens sein. Und vielleicht hätte dann auch der Frieden eine Chance. Aber bin ich dazu bereit? Bin ich bereit für Gottes Schalom?

Ich sehe ihn wieder vor mir, Martin auf dem Pferd, der sich herunterbeugt zu dem Bettler, und mit einem Schwertstreich seinen einzigen Mantel in zwei Teile teilt und dem Bettler einen Teil davon gibt. Und ich denke an die Kinder, die bei den Martinsumzügen dem Soldaten auf dem Pferd hinterher laufen und dabei ihre Lichter tragen und ihre Lieder singen: Ein bisschen so wie Martin möchte ich gerne sein... Ja, das will ich auch: so friedfertig sein wie er. Und dann steigt der Reiter herab vom hohen Ross, holt sein Schwert und teilt seinen Mantel. Gibt einen Teil des Mantels dem Armen. Und die Kinder lassen sich beeindrucken davon und nehmen ihn sich vielleicht als Vorbild. Und dann streitet er in ihren Köpfen; streitet gegen die anderen Bilder, die anderen Eindrücke, die Verführung und Verblendung, die ihnen auch begegnen wird auf dieser Welt. Und ich wünsche mir, dass Martin doch noch einmal nach seinem Schwert greift in diesen Kinderköpfen und das Schwert gegen den Strich bürstet und dazu beiträgt, dass die Gedanken siegen, die Gottes Frieden dienen.

Herzlichst, ihre Zwischenzeitpastorin
Anne-Christin Ladwig
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